Gründung und Werdegang von JuPa (Club U40)
Junge Parkinsonkranke
1987 schrieb ein junger Parkinson-Patient in den dPV-Nachrichten, dass er und ein weiterer junger Betroffener, Gleichgesinnte zum Gedankenaustausch suchen. Vergeblich hatten sie bisher nach Parkinson-Erkrankten geforscht, die jünger als 40 Jahre alt waren. Immer mussten sie hören, dass Morbus Parkinson eine Alterserkrankung sei und junge Menschen davon nicht betroffen sind. Sie gaben sich damit nicht zufrieden und suchten weiter nach Leidensgenossen ihres Alters. Denn die Probleme der jungen Leute waren ganz anders, als die der betroffenen Senioren, die sie von der Regionalgruppe kannten.
Menschen, die bereits das 60. Lebensjahr erreicht haben und Parkinson bekommen, sind meistens durch langjährige Ehen in Familien einge-bunden und mit der Altersrente abgesichert. Die jungen Leute dagegen fingen ja erst an, ihr Leben einzurichten. Sie hatten keine Möglichkeit, einen Rentenanspruch zu erarbeiten und stellten noch einen hohen Anspruch an das Leben. Im besten Alter, voller Tatendrang und Energie, gerade im Begriff eine Familie zu gründen bzw. eine berufliche Existenz aufzubauen, waren sie durch die Krankheit blockiert. Keine Einkünfte, keine Perspektiven für die Zukunft und auf der Suche nach Information, wandten sie sich an die Öffentlichkeit.
Ihr Ruf war nicht vergebens. Es meldeten sich 8 Gleichbetroffene und man nahm erste Kontakte auf. Eva Schmoeger, die Mutter eines jungen Patienten, lud im April 1988 zu einem ersten Treffen ein und stellte dafür ihre Wohnung zur Verfügung. Die jungen Leute scheuten die Anfahrt vom Raum Köln und Frankfurt/Main nach Karlsruhe nicht. Das gemeinsame Anliegen, sich über die Krankheit zu informieren und zu erfahren, wie andere Betroffene damit umgehen, ließ die räumliche Entfernung zur Nebensächlichkeit werden. Frau Dr. Gudrun Ulm, Ärztin für Neurologie in der Paracelsus-Elena-Klinik, reiste aus Kassel an und war zuständig für den medizinischen Part und die Aufklärung. Die jungen Menschen erfuhren voneinander, dass sie die unterschiedlichsten Wege gehen mussten, ehe die richtige Diagnose gestellt war. Trotz der Handicaps war man glücklich, nicht alleine mit seinen Problemen zu sein. In der Gruppe konnte man unbeschwert seine Sorgen auf den Tisch legen.
Die Teilnehmer waren begeistert von der Idee, sich regelmäßig zu treffen. Der Club U 40 war geboren. Eva Schmoeger erklärte sich bereit, die Führung in die Hand zu nehmen und die nächsten Treffen zu organisieren. Was sie damals nicht ahnte war, dass sich ihre Bereitschaft, für die jungen, kranken Menschen etwas zu tun, im Laufe der Jahre zu einem Foul-Time-Job (Ehrenamt) entwickeln würde. Zunächst traf man sich einmal monatlich zu Gesprächen, wozu auch die Angehörigen ganz herzlich eingeladen waren. Man tauschte Erfahrungen aus und bald entstanden feste Freundschafen, die einen hohen Stellenwert in deren zwischenmenschlichen Beziehungen erreichten. Man konnte über Krankheitsbewältigung reden ohne verlacht zu werden. Hier wusste man, dass keiner von ihnen ein Simulant war.
Die Angehörigen nutzten die Gelegenheit und tauschten sich über ihre ganz spezifischen Probleme aus. Hier, in der Gruppe, durfte man auch fröhlich sein und mit den anderen für kurze Zeit die Sorgen vergessen. Es entstand der Wunsch, mehr über die Krankheit zu erfahren und vielleicht ein paar Tage gemeinsam zu verbringen. Da die jungen Leute alle mit wenig Geld auskommen mussten, sammelte Frau Schmoeger Spenden. Sie organisierte einen mehrtägigen Aufenthalt in einer Pension in Königsfeld, im Schwarzwald. Arztvorträge, Gesprächsrunden, Gymnastik und andere Aktivitäten gehörten zum Tagesablauf der Seminarteilnehmer. Hungrig nach Verständnis und Information, nahmen sie aufmerksam und dankbar das ihnen gebotene Programm an. Lebhaft ging es bei den jungen Leuten zu. Die gemeinsamen Abende waren nie langweilig. Man sang, spielte und diskutierte viele Stunden über alles mögliche, nicht nur über die Krankheit. In diesem Kreise schauten keine neugierigen Blicke, wenn dem einen oder anderen, z.B. bei Tisch, ein Missgeschick passierte, wenn eine Tasse zu Bruch ging oder wenn sich ein Glas Rotwein auf den Teppich ergoss.
Alle hatten die gleichen Probleme. Respektvoll hörte man die Lebensge-schichten der anderen Betroffenen, auch wenn manchmal die leise, monotone und undeutliche Artikulation des Berichtenden das Verständnis erschwerte.
Das Seminar war ein voller Erfolg und für alle Teilnehmer eine schöne Erfahrung. Den Aufenthalt für alle zu einem unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen, war auch ein Verdienst der Pensionseltern Ilse und Bruno Gebauer Trumpf. Sie machten alles Mögliche möglich, damit sich ihre jungen Gäste im Haus wohlfühlten. Man kam überein, dass jährlich im Frühjahr, ein Seminar für junge Parkinson-Patienten in Königsfeld statt-finden sollte. Inzwischen hatte sich die Anzahl der jungen Betroffenen erheblich vergrößert und das Interesse nach Information und Gedanke Austausch war enorm. Die Plätze im Haus Gebauer-Trumpf reichten bald nicht mehr aus, um allen Anmeldungen gerecht zu werden. Deshalb suchte man nach Alternativen und fand in Oberwesel, Kierspe, Meschede und Günne angemessene Pensionen bzw. Ferienobjekte, die sich für die Durchführung von Seminaren eigneten.
In Karlsruhe arbeitete bereits ein kleiner Stamm. Von hier aus wurde die Kunde der Existenz einer Interessengemeinschaft nach ganz Deutschland getragen. Immer mehr junge Betroffene wollten an den Treffen teilnehmen. Die räumliche Entfernung der Wohnorte wurde jetzt zu einem Problem. Man beschloss, regionalgeleitete Clubs zu bilden, die auch eine bundes-weite Erfassung junger Patienten ermöglichte. So entstanden in mehreren Regionen Clubs mit Parkinson-Betroffenen, deren Erkrankungsalter unter dem 40. Lebensjahr lag. Durch die von Eva Schmoeger und Club-Mit-gliedern betriebene intensive Öffentlichkeitsarbeit, durch Zeitungsartikel, Rundfunk- und Fernsehsendungen wurde die Existenz des Club U 40 über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Paul und Diana Ewing kamen aus England und nahmen an einem der ersten Seminare in Königsfeld teil. Sie trugen die Ideen der deutschen jungen Parkinson-Kranken weiter in die Welt.
Mit jungen Betroffenen aus Luxemburg traf man sich zu einem gemein- samen Wochenende bei Vorträgen und geselligem Beisammensein. Unermüdlich sammelte Eva Schmoeger Spenden, um die Finanzierung weiterer Seminare abzusichern. Ihrem Engagement war es zu verdanken, dass 1991 eine an Parkinson erkrankte junge russische Frau in Deutschland behandelt, medikamentös eingestellt und mit Medikamenten für ein Jahr ausgestattet, wieder in ihre Heimatstadt Petersburg zurück-fahren konnte. Als sie von Sascha, einem 11-jährigen Jungen mit Parkinson erfuhr, lud sie ihn spontan mit seinen Eltern nach Königsfeld ein. Die Eltern des Jungen waren glücklich, Menschen gefunden zu haben, die ihre Sorgen verstanden und bereitwillig ihre Erfahrungen mit der Krankheit weitergaben. Sascha wurde zum Liebling der Gruppe und als bekannt wurde, dass das Kind einen Lerncomputer benötigte und die Krankenkasse dafür das Geld nicht zahlte, solidarisierten sich die Seminarteilnehmer mit den Eltern des Kindes.
Ein Spendenaufruf in der Presse, eine Bittstellung durch den Pfarrer in der Kirche und der Verkauf von Seidenmalarbeiten eines Patienten erbrachten den Erlös, von dem der Lerncomputer gekauft werden konnte. 1996 fand ein europäisches Treffen junger Parkinson-Patienten in Leverkusen statt, das ausgesprochen gut besucht war. Die Kontakte mit vielen Gleichbetroffenen in anderen europäischen Ländern waren außerordentlich interessant und aufschlussreich. In den vergangenen Jahren sind die regionalen Clubs U 40 wie Pilze aus dem Boden geschossen und wir können inzwischen auf die Arbeit von 15 Clubs verweisen. Außerdem können Betroffene, Angehörige oder Interessenten an weiteren Kontakttelefonen Auskünfte einholen und erste, zum Teil schüchterne Fragen stellen und ihre Angst vor der Hilflosigkeit im Umgang mit der Krankheit aussprechen, sich Rat holen oder einfach nur ihre Sorgen vortragen.