Was ist Parkinson ?

Die Parkinson-Krankheit ist eine chronische, fortschreitende Erkrankung, die eine dem individuellen Krankheitsverlauf angepasste Behandlung durch einen erfahrenen Arzt erfordert. Die heute zur Verfügung stehenden medikamentösen Behandlungs- möglichkeiten haben im Verbund mit nichtmedikamentösen Therapiemaßnahmen nicht nur die Lebensqualität, sondern die Lebenserwartung der Parkinson-Patienten entscheidend verbessert. Hilfe zur Selbsthilfe setzt voraus, dass Sie als Betroffene/Betroffener und die Ihnen nahestehenden Personen über die Art, den Verlauf und die Therapiemöglichkeiten Ihrer besonderen Parkinson-Krankheit informiert sind. So werden Sie die Ein- und Umstellungsstrategien Ihres Arztes bei der medikamentösen Behandlung besser nachvollziehen können. Sie werden verstehen, dass die fürSie optimale nicht immer die maximale Medikamentendosierung ist, die zum erhofften und länger anhaltenden Therapieerfolg führt.


Wieviel Parkinsonkranke gibt es ?

Die Parkinson-Krankeit gehört zu den häufigsten neurologischen Krank-heitsbildern. Da die Parkinson-Krankheit weder durch eine Blutunter-suchung noch durch andere apparative Methoden nachweisbar oder beweisbar ist, müssen sich die Zahlenangaben auf ärztliche Diagnosen beschränken und unterliegen einer breiten Streuung. Die Krankheits-zeichen beginnen schleichend. Der Behandlungserfolg mit dem Medikament L-Dopa gilt heute als wichtiges diagnostisches Kriterium. Nach verschiedenen Untersuchungen und Hochrechnungen rechnet man mit etwa 200.000 - 250.000 Parkinson-Kranken in der BRD. Die Erkrank-ungshäufigkeit steigt mit zunehmenden Alter und wird aufgrund der zu erwartenden Altersentwicklung weiter zunehmen: 10% der Patienten erkranken vor dem 40. Lebensjahr, 30% vor dem 50. Lebensjahr und 40% zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. In der Altersgruppe der über 65 jährigen ist durchschnittlich jede 100. Person ein Parkinson-Kranker. Die Neuerkrankungen pro Jahr werden mit 10 auf 100.000 Einwohner angegeben.


Gibt es eine Geschlechtsbevorzugung ?

Obwohl in zahlreichen Untersuchungen Männer etwas häufiger als Frauen betroffen waren, scheint nach neueren Erhebungen keine Bevorzugung eines Geschlechts zu bestehen. Bei Männern wird möglicherweise die Krankheit früher diagnostiziert, wenn motorische Probleme die beruflichen Leistungen mindern. Da Frauen durchschnittlich eine höhere Lebenser-wartung haben, ist im höheren Alter ein Überwiegen weiblicher Parkinson-Patienten zu erwarten.


Welche Lebenserwartung haben Parkinson-Kranke ?

Mit Einführung der modernen medikamentösen Parkinson-Therapie hat sich die Lebenserwartung bei Parkinson-Patienten deutlich verbessert. Vor der Einführung der L-Dopa-Therapie war die Sterblichkeit bei Parkinson-Patienten fast dreimal so hoch wie in der entsprechenden Altersgruppe.


Welches sind die typischen Krankheitszeichen der Parkinson-
Krankheit ?

Die vollausgebildete Parkinson-Krankheit zeigt so typische Krankheits-zeichen (Symptome), dass ihre Erkennung für den Arzt kaum Probleme bietet. Das Bild ist geprägt durch die Hauptsymptome

Akinese, Rigor, Tremor und Störung der Gang- und Standstabilität (posturale Instabilität mit Neigung zu Stürzen).


Hauptsymptome der Parkinson-Krankheit .
Akinese (verlangsamte und verminderte Bewegung) .
Tremor (Zittern) .
Rigor (Muskelsteifigkeit) .

Störung der Gang- und Standstabilität

 

Was versteht man unter Akinese?

Akinese heißt wörtlich übersetzt ohne Bewegung (griech. a-kinein = nicht bewegen können) und soll besonders auf die Hemmung des Bewegungs-starts hinweisen. Hypokinese (hypo = unter, darunter) bedeutet weniger oder verminderte Bewegung und soll die reduzierten Bewegungs-amplituden und Spontanbewegungen beschreiben. Von einer Bradykinese (brady = langsam) spricht der Arzt, wenn er besonders auf die Verlang-samung der Bewegungsabläufe hinweisen möchte.
Die Begriffe Akinese, Hypokinese und Bradykinese werden in der ärztlichen Praxis meist bedeutungsgleich für die drei genannten Aspekte der Bewegungsstörung benutzt. Sie stellen für die meisten Parkinson-Patienten den gravierendsten Teil ihrer Behinderung dar. Akinese führt zu dem charakteristischen äußeren Erscheinungsbild der Parkinson-Krankheit. So ist die Akinese z.B. verantwortlich für Störungen der Feinmotorik, Schreibstörungen, verminderte Mimik, Gang-, Stand- und Haltungsstörungen sowie Stimm- und Sprechstörungen, die im Laufe der Erkrankung auftreten.


Wie zeigt sich das Zittern (Tremor)?

Das erste und auffallendste Krankheitszeichen der Parkinson-Krankheit
ist bei etwa der Hälfte aller Patienten ein Zittern (Tremor). Es handelt
sich um unwillkürliche, ziemlich regelmäßige, rhythmische Bewegungen
von Körperteilen. Betroffen sind vorwiegend die Hände und Füße, seltener
der Kopf oder das Kinn.

 

Abb. 1 Verzitterte Linienführung beim Spiralzeichen-Test: Der Patient ist aufgefordert, die helle Fläche der Spirale von innen nach außen zügig nachzuzeichnen, ohne abzusetzen. Die Zeit für den Test wird mit der Stopp-Uhr bestimmt.

 

Die Zitterbewegungen, die bei der Mehrzahl der Parkinson-Patienten in Ruhe (Ruhezittern, Ruhetremor) mit einer Frequenz von 4 bis 6 Schlägen pro Sekunde (4-6 Hz; Hz = Hertz) auftreten, beginnen meist an einer Hand .Der Ruhetremor tritt bei vollständiger Muskelentspannung auf, wenn z.B. die Hände im Liegen auf dem Bauch ruhen, im Siltzen auf der Armlehne lagern oder im Stehen bzw. beim Gehen locker herabhängen. Der Tremor tritt gewöhnlich zu Beginn der Erkrankung einseitig auf, bleibt lange einseitig betont und verschwindet im Schlaf.

 

Wegen des typischen Bewegungsablaufs hat man den Tremor im Bereich der Finger früher als Pillendrehen bezeichnet (mit einer ähnlichen Bewegung hatte der Apotheker seine Pillen geformt). Heute zieht man die Bezeichnung Münzenzählen vor, die wir uns vielleicht eher vorstellen können. Das Ruhezittern nimmt zu Beginn einer Willkürbewegung zunächst ab, schaukelt sich dann aber langsam wieder auf. Bei mentaler Belastung (z.B. Rückwärtszählen in der Untersuchungssituation beim Arzt) oder psychischer Anspannung (z.B. in einer Gesellschaft, an der Kasse, am Bankschalter) wird der Ruhetremor oft deutlicher. Schon die Vorstellung, in einer vermeintlich belastenden Situation könnte sich der Tremor verstärken, kann bereits zu einem deutlicheren Zittern führen.

 

Bei einem geringeren Teil der Parkinson-Patienten wird das Zittern erst deutlich, wenn die betroffene Extremität in einer bestimmten Position gehalten wird, wie z.B. beim Vorhalten der Arme, Halten einer Tasse (= Haltetremor) oder wenn eine bestimmte Tätigkeit (Aktlion) ausgeführt wird (= Aktionstremor).

 

Abbildung 1 zeigt die verzitterte Linienführung im Spiralzeichen-Test. Ähnlich verzittert ist auch das Schriftbild, wobei die Buchstaben immer kleiner werden (Mikrographie = kleine Schrift). Wenn auch das Zittern ein sehr auffälliges Zeichen ist, beweist es allein nicht das Vorliegen einer Parkinson-Krankheit. Es gibt Tremorformen, die durch andere Erkrank-ungen hervorgerufen werden. Diese Unterscheidung kann der Arzt in der Regel nach gründlicher körperlicher und gegebenenfalls nach apparativer Tremormessung treffen.


Was versteht man unter Rigor?

Unter Rigor versteht man einen erhöhten Spannungszustand der Muskulatur. Die erhöhte Muskelspannung empfinden die Parkinson-Patienten als Steifigkeit oder Zähflüssigkeit, die oft mit Rückenschmerzen oder ziehenden Schmerzen im Schulter—Armbereich verbunden ist. Die rigide Muskelspannung tritt in jeder Bewegungsphase auf und erreicht auch in Ruhe keine vollständige Entspannung. Sie kann sich z.B. auch als sogenanntes Kopfkissenphänomen darstellen.(Abb. 2): die erhöhte Muskelspannung lässt in psychisch entspannter Situation den Kopf nur leicht in das Kissen sinken, wo sich eine kleine Eindellung zeigt.

 

Abb. 2 Kopfkissenphänomen durch unwillkürliche Muskelanspannung der Halsmuskulatur (Rigor) Bei passiven Bewegungen eines Gelenks (z.B. Handgelenk) verspürt der Untersucher einen teigigen, zähen Widerstand, der gern mit dem Biegen eines Bleirohrs verglichen wird. Häufig wird der Rigor ruckweise unterbrochen, so dass ein sogenanntes Zahnrad-phänomen entstehen kann. Das Zahnradphänomen kann durch den unterlegten Tremor (der klinisch nicht sichtbar sein muß) oder aber durch eine ruckartig wechselnde Muskelspannung bedingt sein Der Arzt prüft den Rigor durch passives Bewegen der großen Gelenke. Die erhöhte Muskel-spannung ist im weiteren Krankheitsverlauf häufig in der rumpfnahen Beugemuskulatur stärker ausgebildet und prägt so die typische Körper-haltung eines Parkinson-Patienten (Abb. 3). Auch das bei Parkinson-Patienten schon früh sichtbare verminderte Mitschwingen eines oder bei der Arme beim Gehen ist Ausdruck des Rigor.
Wie zeigen sich Störungen der Gang- und Standstabilität?
Gangstörungen treten gewöhnlich erst im weiteren Verlauf der Erkrankung auf: Es fällt dem Parkinson-Patienten schwerer, eine Bewegung überhaupt in Gang zu setzen (Startschwierigkeiten), eine Richtungsänderung durchzuführen oder plötzlich anzuhalten. Der Gang ist kleinschrittig, zu Beginn oft schlurfend, hinkend oder trippelnd und ist für den Betroffenen mit einer erhöhten Sturzgefahr verbunden. Nach einigen Schritten wird das Gangbild dann meist flüssiger und freier. Frühes Zeichen ist das erwähnte verminderte Mitschwingen der Arme beim Gehen mit Bevorzugung der stärker betroffenen Seite.

Mit zunehmender Krankheitsdauer entwickelt sich die für Parkinson-Patienten typische Körperhaltung: Der Kopf und der Oberkörper sind nach vorn geneigt, die Schultern fallen nach vorn, die Arme sind im Ellenbogengelenk angewinkelt und die Oberarme werden dicht am Rumpf gehalten. Die Hände stehen in Beugestellung und sind leicht nach innen gedreht. Hüften und Knie sind gebeugt und verleihen dem Körper eine insgesamt gedrückte Haltung (Abb. 3). In dieser Haltung fühlt sich der Parkinson-Kranke wie eingebunden und fixiert.

 

Abb. 3 Typische Haltung eines Parkinson-Patienten

 

Treten Akinese, Tremor und Rigor gleich häufig verteilt auf?

Nein ,nach dem Verteilungsmuster der Hauptsymptome werden folgende Formen unterschieden: . Akinese-Rigor-dominantes Parkinson-Syndrom . Tremor-dominantes Parkinson-Syndrom . Äquivalenz-Typ Wenn die Bewegungsminderung und die Muskelsteife, also Akinese und Rigor im Vordergrund der Parkinson-Zeichen stehen, spricht man von einer Akinese-Rigor-Dominanz. Beherrscht über einen längeren Zeitraum das Zittern (Tremor) das Krankheitsbild, wird dies als Tremor-dominantes Parkinson-Syndrom bezeichnet. Der Tremor-Dominanz-Typ soll mit einem günstigeren Krankheitsverlauf einhergehen. Bei einigen Patienten sind von Anfang an und im weiteren Verlauf der Erkrankung Tremor, Akinese und Rigor etwa gleich stark ausgeprägt (Äquivalenz-Typ).


Wie entsteht die Parkinson-Krankheit?

Die Ursache der Parkinson-Krankheit ist bis heute nicht bekannt. Nach bisherigen Ergebnissen der Parkinson-Forschung scheinen mehrere verursachende Teilfaktoren wie z.B. fehlende oder verminderte Entgiftungsprozesse im Gehirn („oxidativer Streß“), Umweltfaktoren, Vererbung, Entzündungsfaktoren usw. an der Auslösung der Krankeheit beteiligt zu sein.

 

Man weiß heute jedoch ziemlich genau, wo die Schädigung im Gehirn entsteht und wie die einzelnen Krankheitszeichen zu erklären sind. An einem stark vereinfachten Beispiel soll zunächst dargestellt werden, wie wir uns die Vorgänge im Gehirn bei einer willkürlichen Bewegung vorstellen können (Abb. 4).

 

Abb. 4 Schematische Darstellung der Erregungsfortleitung eines Bewegungsimpulses von den Hirnzellen zur Muskulatur (siehe Text).


Wenn wir z.B. den linken Arm bewegen wollen, muß in bestimmten Nervenzellen des Gehirns zunächst einmal ein Bewegungsimpuls erzeugt werden. Da unsere linke Hirnhälfte für Bewegungen der rechten Körperseite (und umgekehrt) verantwortlich ist, entsteht die Erregung in diesem Falle in der rechten Gehirnhälfte. Von hier aus wird der Bewegungsimpuls als elektrisches Signal durch das Gehirn und den Hirnstamm geführt, gelangt in den unteren Abschnitten des Hirnstammes auf die linke Seite, erreicht das Rückenmark und über die Armnerven schließlich die Muskeln des linken Armes.

 

Nun ist dieser Weg nicht direkt mit einem durchgehenden elektrischen Kabel vergleichbar. Die Nervenfasern sind an bestimmten Stellen unterbrochen, wo der ankommende Bewegungsimpuls nicht elektrisch, sondern chemisch weitergeleitet wird.

 

Die Kontaktstelle zweier Nervenfasern wird Synapse genannt. Die chemischen Substanzen, die Reize von einer Nervenzelle auf eine andere übertragen, werden als Überträgerstoffe (Botenstoffe) oder Neurotransmitter bezeichnet (Transmitter = Überträger, Neuron = Nerv, also Überträger von Nervensignalen). Einer dieser Neurotransmitter ist die Substanz Dopamin, die beim Parkinson-Syndrom eine große Rolle spielt.

 

Wie in Abb. 5 dargestellt, bewirkt das elektrische Nervensignal am Nervenfaserende, dass das hier gespeicherte Dopamin in den Synapsenspalt austritt und sich mit speziellen Emmpfängern (Rezeptoren) an der zweiten Nervenfaser verbindet. An der Hülle des zweiten Nervs befinden sich Dopamin-Rezeptoren. Nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip findet das Dopamin seinen Empfänger und löst damit die Weiterleitung des Nervensignals aus.

 

Abb. 5 Prinzip der Erregungsübertragung an einer Synapse. Vorstufe für das Dopamin ist die Aminosäure Tyrosin, die über ein Enzym (Ferment) zu Dopa umgewandelt wird (1). Durch ein weiteres Enzym wird Dopa in aktives Dopamin übergeführt (2) und in Bläschen (Vesikel) gespeichert (3). Der elektrische Impuls bewirkt, dass das Dopamin in den synaptischen Spalt (Spalt zwischen den Nervenendigungen) abgegeben wird (4). Die Erregungsfortleitung erfolgt dadurch, dass sich das Dopamin mit bestimmten Empfangseinrichtungen (Rezeptoren) des nachgeschalteten Nervs verbindet (5), der Nervenimpuls wird jetzt (wieder) elektrisch geleitet (6). Ein Teil des Dopamins wird an speziellen Rezeptoren (Autorezeptoren) gebunden (7), um die Ausschüttung von Dopamin zu regulieren (8). Nicht benötigtes Dopamin wird entweder in die Nervenzelle zurücktransportiert (9) oder abgebaut (10) und ausgeschieden.

 

Im Gehirn von Parkinson-Kranken ist der Botenstoff Dopamin nicht mehr in ausreichendem Maße vorhanden mit der Folge, dass die Bewegungs-impulse nur ungenügend weitergeleitet werden und somit schließlich den Muskel unzureichend steuern können. Die wesentliche Funktionsstörung bei der Parkinson-Krankheit ist also der Mangel des Botenstoffs Dopamin.


Wie kommt es nun zu diesem Mangel? Bei Parkinson-Patienten kommt es aus bisher noch ungeklärter Ursache zu einem Untergang von Nervenzellen in bestimmten Bereichen des Gehirns.

 

Abb. 6 Schematische Darstellung dopaminhaltiger Verbindungen (blauer Pfeil), die von der schwarzen Substanz (Substantia nigra) zum Streifen-körper (Copus striatum) ziehen.


Die Abbildung 6 soll Ihnen eine Vorstellung über den Ort der Schädigung im Gehirn vermitteln: Ausgangspunkt ist die Zellschädigung in Teilen der schwarzen Substanz (Substantia nigra) im Mittelhirn. Von hier ziehen die dopaminhaltigen Fasern zum Streifenkörper (Corpus striatum). Diese Fasern gehen unter, so dass das Dopamin für die Erregungsübertragung auf den Streifenkörper nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Der Streifenkörper selbst ist nicht geschädigt.

 

Ehe die ersten Zeichen der Parkinson-Krankheit sichtbar werden, müssen 60 – 80% der Nervenzellen untergehen. Da man die Geschwindigkeit des Zelluntergangs in etwa abschätzen kann, lässt sich hochrechnen, dass bis zu 10 Jahre vergehen können, bis der Prozess zu Krankheitszeichen führt. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass der heute 60jährige Parkinson-Patient schon im Alter von ca. 50 Jahren erkrankte, ohne dass man bei ihm Krankheitszeichen sah oder diese mitbestimmten Untersuchungen hätte feststellen können.

 

Die obengenannten Vorgänge sind stark vereinfacht dargestellt und geben nur einen Teil der krankhaften Veränderungen im Gehirn von Parkinson-Kranken wieder. Komplizierter wird es, wenn wir auch die anderen Botenstoffe berücksichtigten, die bei der Parkinson-Krankheit eine Rolle spielen. Für das Verständnis der medikamentösenBehandlung soll zunächst auf einen zweiten Botenstoff hingewiesen werdne, nämlich das Acetylcholin. Bei einem Gesunden können wir davon ausgehen, dass sich Acetylcholin und Dopamin die Waage halten (Abb. 7a). Die Dopamin-verarmung bei Parkinson-Patienten führt zu einem relativen Überschuss von Acetylcholin, die Waage sinkt zur Seite des Acetylcholins (Abb. 7b). Für das Zittern (Tremor) und für die Erhöhung der Muskelspannung (Rigor) ist maßgeblich der relative Acetylcholinüberschuss und für die Bewegungs-verlangsamung und –verminderung (Akinese) vorwiegend der Dopaminmangel verantwortlich.

 

Um das Gleichgewicht beider Substanzen wieder herzustellen, kann man entweder die Acetylcholinaktivität vermindern (Abb. 7c) oder Dopamin hinzugeben (Abb. 7d). Die Behandlung der Parkinson-Krankheit kann danach zum einen auf die Zufuhr des verminderten Dopamins und zum anderen auf die Hemmung der relativen Überfunktion des Acetylcholins zielen. Die Verminderung (Hemmung) des Acetylcholins führt zwar zum Gleichgewicht im obigen Waagemodell, beide Substanzen sind dann jedoch relativ vermindert. Das Gleichgewicht wird also auf einem niedrigeren Niveau hergestellt. Im Falle einer Dopaminzufuhr würde dagegen das ursprüngliche Gleichgewicht wiederhergestellt.

 

Leider kann man dem Gehirn das Dopamin nicht von außen zuführen, da es die sogenannte Blut-Hirn-Schranke (das ist die Stelle, an der Stoffe vom Blut in das Gehirn übertreten) nicht durchringen kann. L-Dopa dagegen, eine Vorstufe des Dopamins, kann diese Schranke überwinden und im Gehirn zu Dopamin umgewandelt werden.

 

Abb. 7 Waagemodell: Ungleichgewicht von Dopamin und Acetylcholin beim Parkinson-Patienten: Beim Gesunden befinden sich die Überträger- stoffe Dopamin und Acetylcholin in einem Gleichgewicht (A). Der Mangel an Dopamin beim Parkinson-Patienten führt zum relativen Überwiegen von Acetylcholin (B). Das Ungleichgewicht kann einmal dadurch behoben werden, dass die Acetylcholinwirkung vermindert (C) oder die Dopaminwirkung gesteigert wird (D).


Für die Parkinson-Behandlung ist ein weiterer Botenstoff von Bedeutung, nämlich das Glutamat. Durch die Verminderung des Dopamins entsteht – wie beim Acetylcholin – eine relative Überfunktion des glutamatergen Systems, auf die bestimmte Antiparkinsonmittel, sogenannte Glutamatantagonisten (z.B. Amantadin) dämpfend wirken.

 

Welche Medikamente werden bei der Parkinson-Krankheit eingesetzt ?

Wesentliches Therapieprinzip der medikamentösen Behandlung ist der Ersatz (Substitution) des bei Parkinson-Patienten verminderten Dopamins. Erreicht werden kann der Ausgleich des Dopaminmangels durch die Zufuhr der Vorstufe des Dopamins (L-Dopa), durch die Hemmung des Abbaus von L-Dopa bzw. Dopamin (MAO-B-Hemmer, COMT-Hemmer) oder durch direkt an Dopaminrezeptoren wirkende Substanzen (Dopaminagonisten). Eine positive Beeinflussung ist auch über nichtdopaminerge Neurotransmittersysteme möglich (Anticholinergika, Glutamatantagonisten, z.B. Amantadin).


Medikantengruppen:

 

  • L-Dopa (Vorstufe von Dopamin)
  • plus Decarboxylasehemmer
  • plus COMT-HEMMER
  • Dopaminagonisten
  • MAO-B-Hemmer
  • Glutamatantagonisten
  • Anticholinergika
Die medikamentöse Therapie wird der Arzt individuell nach den Symptomen und besonderen Erfordernissen des Parkinson-Patienten anpassen.
Das nachfolgende Schema soll Ihnen eine Übersicht darüber geben, wie und wo die einzelnen Parkinsonmittel wirken (Abb. 8): Wir hatten besprochen, dass dem Parkinson-Syndrom als wesentliche neurochemische Störung ein Dopaminmangel zugrunde liegt. Der Dopaminspeicher ist hier als Gefäß mit einem Sieb als Boden dargestellt, durch das körpereigenes Dopamin kontinuierlich abfließen kann. Um dennoch eine gleichbleibende dopaminerge Wirkung zu erreichen, müssen laufend L-Dopa als Vorstufe des Dopamins und/oder ein Dopaminagonist als Ersatzstoff von außen zugeführt werden oder man muss versuchen, den Abbau des Dopamins zu hemmen.
Abb. 8 Der Dopaminspeicher ist hier als Gefäß mit einem Sieb als Boden Dargestellt, durch das körpereigenes Dopamin kontlinuierlich abfließen kann (siehe Text)
Für den Gebrauch von Parkinsonmitteln möchten wir Sie noch auf folgendes hinweisen:Lesen Sie sich die Gebrauchsinformation (Beipackzettel) für Ihr Medikament in Ruhe durch. Sollten Sie lim Beipackzettel einen Hinweis finden, der für Sie zutreffen oder wichtig sein könnte, fragen Sie vor der Tabletteneinnahme nochmals Ihren Arzt! Der Hersteller hat in der Gebrauchsinformation alle Lebenwirkungen (unerwünschte Wirkungen) aufgelistet, die in Studien und später in den Anwendungen beobachtet wurden. Dies bedeutet nicht, dass bei Ihnen eine Nebenwirkung auftreten muss. Im allgemeinen sind Parkinsonmittel gut verträglich. Sollten Sie eine Unverträglichkeit bemerken, sprechen Sie Ihren Arzt an!
Welche nichtmedikamentösen Maßnahmen stehen zur Verfügung?
Allgemeine Übereinstimmung besteht heute darüber, dass die Kranken-gymnastik, Ergotherapie (Beschäftigungstherapie), Logotherapie (Sprachtherapie) und auch die psychologische Betreuung nicht Ergänzung, sondern wesentlicher Bestandteil im Therapiekonzept der Parkinson-Krankheit sein muss.Sowohl die medikamentöse Therapie als auch nichtmedikamentöse Maßnahmen stellen eine Langzeitbehandlung dar, die individuell dem Krankheitsstadium angepasst werden. Nutzen Sie auch das krankengymnastische Angebot in Ihrer Selbsthilfegruppe.
Wie finde ich eine Parkinson-Selbsthilfegruppe in meiner Nähe?
Parkinson-Selbsthilfegruppen sind in Deutschland weit verbreitet.
Über die Deutsche Parkinson Vereinigung erhalten Sie die Adresse einer Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe sowie weitere wichtige Informationen:
Deutsche Parkinson Vereinigung (dPV)
Bundesverband e.V.
Moselstraße 31
D-41464 Neuss
Tel. (02131) 41016/7
Fax: (02131) 45445